Ich war letztes Wochenende in Prag um einen Freund zu besuchen. Er lebt seit kurzem dort und ich wollte sehen, wie es ihm geht. Als ich in seine Wohnung eintrat, hat mich die minimale Einrichtung ein wenig überrascht. Er wohnt in einer möblierten 2-Zimmer Wohnung in Untermiete. Dementsprechend war die Einrichtung einfach und simpel.Die Wohnung hatte keine Küche, nur eine alte Kochnische mit 2 Herdplatten. Ich war über die minimale Einrichtung überrascht und dachte ihm gefällt es hier nicht. Als ich ihm darauf ansprach, meinte er, ihm sei die Wohnung egal. Er braucht nur einen Platz zum schlafen. Und wie recht er hat.
Ich, als Schweizer, habe eine grosse Küche mit Reiskocher, elektrischen Gemüseschäler, Mixer, Toaster, alles was man meint zu brauchen. Im Badezimmer haben wir eine Badewanne, 2 verschiedene Shampoos, 2 verschiedene Duschmittel, ein Cremebad, ein Entspannungsbad und eine Waschlotion für empfindliche Haut. Er hatte nur eine Dusche, 1 duschgel und 1 Shampoo. Braucht man eigentlich mehr?
Geschlafen habe ich auf einer ausklappbaren Schlafcouch im zweiten Zimmer. Dort war nur dieses Schlafsofa, 2 Sessel und ein ganz kleiner Fernseher mit einer Play Station. Er hatte keinen PC oder Dolby Surround System. Wir haben Musik über Youtube auf der Playstation gehört (Auf der Play Station funktionieren Netflix und Dazn auch einwandfrei). Die Möbel sahen ein wenig alt aus, aber sie waren bequem und sauber. Ich will jetzt nicht auflisten, was bei mir Zuhause im Wohnzimmer alles zu finden ist. Aber ich hatte in dieser Wohnung in Prag nichts vermisst. Ok, gut, vielleicht die Badewanne, aber auch nur, weil ich damit aufgewachsen bin und ich mich da super entspannen kann. Sonst hatte ich nie das Gefühl, dass es mir etwas an der Einrichtung fehlen würde.
Warum ich das alles schreibe ist, dass es mir wieder einmal bewusst wurde, was wir hier in der Schweiz oder auch in Deutschland alles für selbstverständlich und normal finden, sind eigentlich gar keine richtige Notwendigkeiten. Wir richten uns immer nach unseren Möglichkeiten bzw. nach unseren Löhnen. Wenn wir viel verdienen, kaufen wir teurere Möbel, Fernseher, PCs oder was auch immer, obwohl der Mehrwert verglichen mit einem günstigeren Objekt, gar nicht gross ist. Wenn wir zum Beispiel einen neuen Sofa kaufen wollen, denken wir „was können wir uns leisten?“ und nicht „was brauche ich?“. So kaufen wir vielleicht einen Sofa für 1‘800,- Franken statt für 600,- Franken. Das gleiche machen wir mit allen Anschaffungen wie Toaster, Kaffeemaschine, Mikrowelle, Waschmaschine, Möbel, Kleidung, Fahrrad, Auto und geben all unser Geld aus.
Das wäre noch alles kein Problem, wenn die Leute neben bei genug Geld sparen würden. Man sollte sich auch Sachen gönnen, aber ich finde es verantwortungslos Geld für nicht notwendige Sachen auszugeben, ohne gleichzeitig zu sparen. Sollte eines Tages etwas passieren (Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit, Unfall) steht man ohne Geld da. Dann hat man einen teuren Sofa, aber kann die Zahnarztrechnung nicht bezahlen. Hat man genügend Geld auf die Seite und man gibt sowieso nur 80% des Lohnes aus, kann man sich ruhig Extra Ausgaben leisten.
Fazit
Wenn man zB. 20% seines Einkommens regelmässig spart und schon ein dickes Polster auf der Seite hat, finde ich es in Ordnung, sich teurere Sachen zu gönnen, die nicht unbedingt notwendig sind. Wenn man immer sein ganzes Geld ausgibt und bei jedem Kauf teurere Produkte kauft, ohne etwas auf die Seite zu legen, finde ich es verantwortungslos dir und deinen Mitmenschen gegenüber.
Auch wenn man es selber nicht sieht, sollte man sich ab und zu Gedanken machen, ob wir etwas wirklich brauchen. Erst wenn wir auf etwas verzichten oder nicht haben, stellen wir fest, dass es uns nicht (oder nur wenig) fehlt und dass es eigentlich gar nicht notwendig war. Wir passen unseren Anschaffungen automatisch an unseren Lohnniveaus an. Verdienen wir wenig, geben wir weniger aus. Verdienen wir mehr, geben wir automatisch mehr für Sachen aus, die eigentlich nicht unbedingt mehr Freude bringen. Wir könnten auf die Mehrausgaben verzichten, das Geld sparen und früher in Rente, oder eine Auszeit nehmen. Wir würden dann mit dem Geld Freiheit kaufen (nicht arbeiten zu müssen). Ich denke mittel- bis langfristig würden wir so glücklicher sein.
Quelle des Bildes: conforama.ch