Vorsicht vor komplexen Finanzprodukten

An den Finanzmärkten gibt es teilweise Produkte, die so kompliziert sind, dass sie niemand versteht. Anders als bei Aktien und Obligationen erschaffen solche Produkte kein Mehrwert und dienen rein zur Spekulation. Mit gutem Willen kann man noch sagen, dass komplizierte Produkte zur Absicherung dienen können. Wie gefährlich eine Investition in solchen Produkten sein kann zeigt folgendes Beispiel:

Es geht um ein Finanzprodukt, das auf die Schwankungen (Volatilität) des S&P 500 Indices basiert ist. Mit Schwankung ist die tägliche Preisveränderung eines Produktes (Aktie oder in diesem Fall eine Korb von Aktien=ein Index) gemeint. Wenn der Preis einer Aktie zum Beispiel täglich +2%,-3% sich bewegt, ist die Schwankung relativ hoch. Ändern sich die Preise wenig (z.B. -0.2%, +0.1%) spricht man von geringer Schwankung (Volatilität).

Der S&P500 hat sich seit Ende 2016 bis Anfang Februar 2018 relativ geschmeidig, ohne starke Schwankungen entwickelt. Es gab keine grösseren Kursverluste, keine Ausschläge, jeden Tag ging es stetig leicht nach oben. Dementsprechend entwickelten sich diejenigen Finanzprodukte gut, die auf geringe Volatilität spekulierten. So auch dieses Produkt: „VelocityShares Daily Inverse VIX Short Term ETN„. Der Kurs des Produktes hat sich von ca. 70.00 USD (Juni 2017) auf 140.00 USD (Januar 2018) wegen der geringen Schwankung verdoppelt. Ende 2016 kostete noch dieses Produkt um die 13.00 USD. Wer damals investierte und bei 140.00 USD verkauft hat, konnte viel Geld gewinnen. Aber das ist wie im Casino. Jeder kann Mal Glück haben und danach erklären, es war ja klar, dass es so kommen musste. Dabei hatte der Zocker einfach Glück. Denn was morgen passiert, kann KEINER voraussagen.

Dann kam, wie es kommen musste. Anfangs Februar reagierten die Märkte auf eine Mitteilung mit Angst und die Aktienkurse sind innerhalb eines Tages um mehr als -4% eingebrochen. Die Tagesschwankungen der Aktienpreise haben geschlummert und auf einmal gab es ein riesiger Ausschlag. Das hatte zur Folge, dass dieses erwähnte Produkt, das auf sinkende Volatilität setzt, bereits im vorbörslichen Handel -84% eingebrochen ist. In kurzer Zeit ist der Kurs von 140.00 USD auf 6.00 USD eingebrochen. Hier noch ein Artikel dazu: (https://www.cash.ch/news/top-news/credit-suisse-produkt-us-kurssturz-bringt-volatilitaets-derivate-ins-trudeln-1142776)

Die herausgebende Bank hat wie folgt reagiert: Sie hat das Produkt zurückgerufen. Stell dir vor: Du hast 1.000 Stück von diesem Produkt bei 70.00 gekauft (also für CHF 7.000,-), der Kurs ist auf 140.00 geklettert (CHF 14.000,-) und du hast dein Geld verdoppelt. Dann innerhalb eines Tages -80% deines Geldes verloren. Du hast jetzt von deinen CHF 7.000,- Franken noch ca. 1.400,- Franken. Bei Aktien ist es unüblich, dass in einem Tag der Kurs mehr als -80% an Wert verliert. Bei Aktien könntest du aber bei einer grösseren Verlust abwarten, dass sich der Kurs ein wenig erholt. Der Markt übertreibt ja oft. In diesem Fall zwingt dich aber die Bank die Position zu schliessen. Darf sie das?

Ja.

Es steht nämlich im Beschrieb dieses tollen Produktes. Hier kannst du nachlesen, dass der Herausgeber das Produkt zurückrufen kann, wenn der Preis innerhalb eines Tages -80% verliert. Ich behaupte aber KEINER hat die 179 Seiten (kein Scherz! Siehe Link) durchgelesen und verstanden wie genau dieses Produkt funktioniert! Und waren über überrascht, dass der Verlust realisiert werden MUSSTE. Der CEO der Bank erklärte dazu, dass die Bank empfohlen hatte, das Produkt nicht länger als einen Tag zu halten und man darauf hingewiesen hatte, dass ein Totalverlust möglich sei.

Die Lehre aus dieser Geschichte ist, dass du in nichts investieren sollst, das du nicht verstehst. Es gibt viele „Trader“ und „Experten“ auf Social Media, die mit hohen Gewinnen locken. Doch die allermeisten davon sind nicht seriös und betreiben Glücksspiele. Daytrading ist auch so ein Beispiel. Sie behaupten, sie wüssten wie die Kurse in 1, 5, 10, 60 Minuten sich entwickeln werden. Man kann drauf Wetten, aber es ist nicht anders, als würde man auf Kopf oder Zahl Wetten oder auf Rot oder Schwarz. Die Kursentwicklungen sind nicht vorhersehbar. Schon gar nicht auf Minutenbasis. Du kannst spekulieren, aber du musst dir Bewusst sein, dass es keine seriösen Investitionen sind und dass du deinen Einsatz verlieren kannst. Deshalb solltest du nie mit mehr als 5% deines Geldes dafür verwenden. Wenn du erfolgreich sein solltest und du tatsächlich die Kurse voraussagen kannst, kannst du auch mit wenig Geld viel gewinnen. Aber du sollst die Verluste limitieren, indem du dich an diese 5% Regel haltest.

Bei Geldanlagen solltest du bedenken, dass du das Geld schätzen und respektieren und daran interessiert sein solltest, dein Geld langfristig seriös mit realistischen Erträgen anzulegen. Du hast schliesslich für das Geld hart gearbeitet und willst, dass es sich langsam aber sicher vermehrt und nicht schnell aber wahrscheinlich verschwindet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert