Ich möchte dir keine Angst machen, aber wenn du Berufseinsteiger bist, stehst du meiner Meinung nach vor der schwierigsten finanzielle Aufgabe deines Lebens. Du musst ohne viel Erfahrung und mit jugendlicher Naivität viele Entscheidungen treffen, die dich sehr lange begleiten und dein Lebensqualität beeinflussen. Aber keine Angst, jeder muss da durch und jeder macht Fehler. Das ist normal. Die Fehler kann man mit der Zeit korrigieren.
Du bist jung und wahrscheinlich wohnst du noch Zuhause. Bisher hattest du vielleicht einen Nebenjob oder warst in der Lehre und hast weniger als 1‘500,- Franken verdient. Vielleicht hast du dich voll aufs Studium konzentriert und hattest nur einen „Sackgeld“. Im Hotel Mama wurde für dich gekocht, gewaschen, gebügelt und geputzt. Das Leben ist schön.
Plötzlich fängst du an zu arbeiten und verdienst 4‘000, bis 6‘000,- Franken. Das Leben wird noch schöner. Denkst du. Nur, was machst du mit dem Geld? Anstelle zum nächsten Autohändler zu rennen um den neuen 50‘000,- Franken teuren Luxusauto zu leasen, solltest du tief durchatmen und an deine Zukunft denken.
Du siehst wahrscheinlich nur die Zahl auf deinen Lohnausweis und denkst was du dir alles kaufen kannst. Männer gönnen sich ein luxuriöses Auto und Kleider, Frauen schicke Handtaschen, Schminke und Luxusferien. Das mag eine Zeit lang gut gehen, bis du ausziehst und alleine über die Runden kommen musst.
Denke an deine Eltern:
Sie haben dich 20 jahre lang ernährt, gekleidet, haben deine Versicherung bezahlt, Sackgeld gegeben usw. Ausserdem waren sie für dich Tag und Nacht da und haben dich zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft erzogen. Auch wenn dir vielleicht selbstverständlich ist, dass sie für dich gekocht, geputzt, gewaschen haben. Das ist es nicht. Jetzt verdienst du endlich Geld und nun ist das mindeste was du tun kannst, dass du deine Rechnungen selber zahlst. Besprich mit deinen Eltern, ob du einen Beitrag an die Miete und das Essen zahlen, oder ob du sie sonst finanziell unterstützen sollst. Schliesslich haben sie dich jahrelang auch unterstützt. Auch wenn sie deine Hilfe ablehnen, wird es sie freuen, dass du an sie denkst.
Ausgaben gut überdenken
Du verdienst also nun 4-6‘000,- Franken und du gibst vielleicht einen Teil deinen Eltern ab und zahlst deine Rechnungen. Es bleibt Dir immer noch sehr viel Geld übrig. Mache nicht den Fehler und sieh dieses Geld nicht als dein Sackgeld an. Auf dem Weg zur Selbständigkeit werden viele Ausgaben auf dich zukommen und es ist besser du verschaffst dir einen Überblick, bevor du dir einen luxuriösen Lebensstil aneignest, das du dir später nicht leisten kannst. Später ist es sehr schwierig dein Lebensstandard zu senken, deshalb erhöhe ihn gar nicht am Anfang. Viele wollen nicht einsehen, dass sie ihr Lebensstandard runterschrauben müssen und verschulden sich lieber. So kommst du leicht in eine Schuldenspirale, woraus du nur schwer wieder rauskommst.
Ausgaben nach der Zeit im Hotel Mama
Auch wenn du noch einige Jahre nach deinem Berufseinstieg bei deinen Eltern wohnst, sollst du dir im Klaren sein, welche Kosten auf dich zukommen, wenn du mal ausziehst.
Steuern
Ausser deine Eltern vielleicht erinnert dich leider niemand daran, dass du von deinem ersten Lohn an bereits für die Steuern sparen sollst. Tust du es nicht, kriegst du in spätestens 18 Monaten eine Zahlungsaufforderung über ca 3 Monatsgehälter. Wie viel Steuern du effektiv zahlen musst, hängt von vielen Faktoren ab. Du sollst aber ca. 15% von deinem ausbezahlten Lohn (Nettolohn), jeden Monat für die Steuern auf die Seite legen. Bei 4‘000,- Franken, die auf dein Konto landen sind es 600,- Franken pro Monat.
Rechnungen
Mit 4‘000,- abzüglich 600,- für die Steuern, 400,- für die Krankenkasse, und 500,- für deinen Eltern bleiben dir immer noch 2‘500,- Franken.
Wenn du alleine wohnst kommen noch folgende Ausgaben dazu:
Fixkosten: Telekommunikation (TV, Internet): 60,- Handyabo: 50,- Energie/Heizkosten usw.: 40,- Billag: 40, Haftpflicht: 30,- Verkehrsabo: 60,-
Viele Rechnungen kommen unregelmässig, es ist aber wichtig, dass du an alle Ausgaben denkst und noch eine Reserve bildest, damit du keine böse Überraschungen erleben musst. Zahnarztrechnung, Selbstbehalt der Krankenkasse, Nebenkostenabrechnung, Steuernachzahlung, Reparaturen, neues Handy, neuer Fernseher, Möbel etc. Es kann immer was passieren, deshalb solltest du für diesen Zweck am Anfang 400,- pro Monat auf die Seite legen, bis du dir eine Reserve von mindestens einem Monatslohn angespart hast.
Spare am Anfang, nicht am Ende des Monats
Das wichtigste ist von Anfang an zu sparen. Spare nicht was übrig bleibt, sondern gebe aus, was nach dem Sparen übrig bleibt. Lerne früh in deinen jungen Jahren zu sparen, schon bevor du überhaupt begreifst, wie wichtig das ist. Du wirst dir später dankbar sein. Am Anfang deiner Karriere solltest du 10% vom Nettoeinkommen sparen (10%= 400,- Franken bei einem Nettolohn von 4‘000,- Franken). Wenn du danach mehr verdienst, oder Freude daran findest, kannst du auf 15-20% oder noch höher gehen. Das wichtigste ist, dass du dir das Sparen angewöhnst. Am besten machst du bei deiner Bank ein Dauerauftrag und betrachtest dieses Geld als nicht existent.
Es bleiben dir noch ca. 1‘400,- Franken.
Davon musst du eine Wohnung, Essen, Ferien, Kleider und Freizeit finanzieren.
Miete
Als Faustregel in der Schweiz gilt, du sollst nicht mehr als 25-33% deines Nettolohnes für die Miete ausgeben. Die Vermieter geben die Wohnungen gar nicht an solche Leute aus, die nicht mindestens das 3-Fache der Miete verdienen. Du solltest also eine Wohnung finden, die nicht mehr als 1‘000,- – 1‘333,- Franken kostet. Wenn du mit jemanden Zusammenziehst, könnt ihr die Miete teilen und so sparen oder in eine teurere Wohnung ziehen.
Wenn deine Eltern deine finanzielle Hilfe nicht mehr benötigen hast du wieder 500,- Franken mehr zur Verfügung.
All nach dem bleiben dir 900,- Franken.(1400,- -1000,- +500,-)
Die einen gehen lieber in Restaurants, die anderen kaufen sich lieber teure Kleider, essen dafür nur günstig. Die anderen gehen lieber ins Stadion und einige wollen unbedingt ein eigenes Auto. Jeder hat seine Präferenzen und hat andere Hobbies. Deshalb ist es an dieser Stelle schwierig zu sagen, wie viel du für Essen/Freizeit/Kleider ausgeben sollst. Auch wenn du sparsam bist und dein Mittagessen für die Arbeit von Zuhause mittnimmst, solltest du für Essen, Hygienieprodukte (Coiffeur) mindestens 600,- Franken einkalkulieren.
Dir bleiben noch ca. 300,- Frankenim Monat für Ferien, Kleider, Sport und Freizeit. Das ist nicht mehr viel. Vor Allem wenn du rauchst, oder wenn du dir einen Auto leisten willst.
Von den 4‘000,- Franken „Sackgeld“ ist am Schluss relativ wenig übrig geblieben, was du als Sackgeld verbuchen kannst. Ich habe hier mit den niedrigsten Kosten gerechnet. Kabel-tv und Handyabos, Wohnungen und Hobbies können noch teurer sein. In der Schweiz wirst du wahrscheinlich einen 13. Monatslohn oder einen Bonus bekommen, was dir mehr Spielraum für deine Einteilung ermöglicht.
Bevor du also von deinem ersten Lohn einen Luxusauto kaufst, oder noch schlechter einen Leasingvertrag unterschreibst (die mehrere Hundert Franken musst du auch nach X Jahren zahlen, auch wenn du ausgezogen bist), überlege nochmals was für dich wichtig ist und wofür du dein Geld ausgeben willst.
Denke daran, dass wenn du ausziehst, du wahrscheinlich neue Möbel brauchen wirst, was viel Geld kostet. Es braucht auch eine Kaution von meistens 2 Monatsmieten und es ist auch nicht schlecht, wenn du noch Reserven hast. Bevor du also ausziehst, solltest du Hotel Mama dankbar sein und das Geld für solche Zwecke sparen.
Später wenn dein Lohn steigt, werden auch deine Ansprüche steigen und du wirst automatisch mehr ausgeben. Grössere Wohnung, (besseres) Auto, teurere Ferien, teurere Kleider usw. Denke aber daran immer einen Teil deines Lohnes zu sparen. Warum und wofür du sparen sollst, zeige ich dir im nächsten Beitrag.
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Quelle des Bildes: https://www.baumann-creative.de/p/Metallschild-Hotel-Mama