Seit längerem bin ich am grübeln, wie ich eigentlich zum Thema Frugalismus stehe. Da es keine einheitliche Definition von Frugalismus gibt und 90% der Leute Frugalismus mit Geiz und Konsumverzicht in Zusammenhang bringen, möchte ich hier klar stellen, dass die Klassifizierung, ob jemand frugal ist, oder nicht, sehr individuell ist.
Mir ist ehrlich gesagt egal, ob ich frugal bezeichnet werde oder nicht. Es ist nur ein Wort. Viel wichtiger ist, wie viel Ende des Monats übrig bleibt und wie sehr ich meinen aktuellen Lebensstandard geniessen kann. Denn wenn ich auf alles verzichte und das maximum spare, habe ich zwar eine gute Sparquote, ich habe aber das Leben nicht genossen. Was bringt es finanzielle Freiheit anzustreben und 30 Jahre lang sich von Nudeln und Tomatensauce zu ernähren, wenn man mit 50 zwar ein haufen Geld, aber keine schönen Erinnerungen, keine Freude, keine Gesundheit und vor allem kein Plan hat, was man machen sollte. Dann hat man das Leben nicht gelebt und wertvolle Lebenszeit verschwendet. Geld kann man verdienen. Die Zeit kann man aber nicht zurückdrehen.
Auf der anderen Seite, wenn man immer so viel Geld ausgibt, wie viel man hat und keine Reserven für die Rente, eine Auszeit oder für Schicksalsschläge hat und jeden Tag Steaks isst, dann ist man wahrscheinlich auch nicht glücklich, wenn man später kein Geld hat. Denn das 2. Steak am 2. Tag schmeckt wahrscheinlich nicht mehr genau so gut, wie der 1. Steak am 1. Tag.
Sehr zu empfehlen ist dieses Video von Mission Money, wo gesagt wird, dass der goldene Mittelweg wahrscheinlich die beste Lösung ist. Sparen ist gut, aber ab einer Sparquote von +30%< bringt das zusätzlich gesparte Geld keine zusätzliche Freude. Demnach fährt man mit einer Sparquote von 20-30% am besten. Ich bin da vollkommen einverstanden.
Ich hatte diesbezüglich eine sehr interessante Diskussion mit Thomas der Sparkojote. Er hat ebenfalls über das Thema Frugalismus geschrieben und wir hatten verschiedene Meinungen über den Begriff Frugalismus. Er fragte, ob jemand, der zB. 50’000,- pro Monat verdient und eine Sparquote von 80% hat, frugal ist. Kann jemand frugal sein, der zwar so viel verdient, aber Business Class für 3’000,- Franken fliegt?
Er meinte nein, denn wer 50’000,- verdient aber 10’000,- im Monat ausgibt, auch für Business Flüge für 3’000,- Franken, ist nicht frugal. Er hat recht.
Aber, wie ich am anfang meinte, die Definition von Frugalismus ist nicht einheitlich und wer eine Sparquote von 60% hat und sein Geld nicht verschwendet, der kann auch als frugal bezeichnet werden. Die Person, die 50’000,- verdient, könnte ja mit einem Privatjet rumfliegen und so viel ausgeben, dass er Ende des Monats trotzdem nichts übrig hat. Ob jemand frugal ist, hängt meiner Meinung nach von seiner individuellen Situation ab.
Thomas hat es in seinen Videos erklärt, dass sein Ausgabeverhalten sich eingependelt hat und er ungefähr immer gleich viel im Monat ausgibt und darum geht es. Er weiss was er braucht und seine Ausgaben sind sehr tief. Trotzdem verzichtet er nicht auf Produkte wie iPad Pro oder Apple Watch und das finde ich gut.
Wie erwähnt, es lässt sich darüber streiten, ob jemand frugal ist, oder nicht. Viel wichtiger ist es, einen gesunden Bewusstsein für seine Ausgaben und eine Nachhaltige Sparquote zu haben ohne dabei auf Konsum zu verzichten.
Neulich kam ein Beitrag, dass der Fussballspieler Pique von Barcelona und seine Frau Shakira mehr als 360 Mio. USD. Vermögen besitzen. Ist Pique frugal? Es interessiert ihm glaube ich herzlichst wenig, ob die Leute ihn als frugal bezeichnen oder nicht. Wahrscheinlich kennt er dieses Wort gar nicht und lebt sein zufriedenes Leben.
“Ja, Pique verdient auch 50 Mio. pro Jahr.” – kann man hier sagen. Das stimmt auch.
In folgendem Punkt war ich mit Thomas zu 100% einverstanden: Die Angehörigen der FIRE Bewegung und allgemein Leute, die sehr viel sparen wollen, sind zu sehr auf das Sparen fokussiert. Sie vernachlässigen die Seite, dass sie ihr Einkommen erhöhen könnten, anstatt auf noch was zu verzichten um die Sparquote zu erhöhen.
Wenn man sich neu mit dem Thema “Sparen” befasst, ist der erste Schritt richtigerweise, wie man die Kosten senken kann. Teure Verträge, Lebensmitteleinkauf, persönliche Ausgaben werden optimiert. Wenn dies erledigt ist, versuchen Leute noch weiter zu optimieren und verkrampfen sich zu fest auf die Kostensenkung. Stattdessen könnten sie sich stärker darauf fokussieren , wie sie ihr Einkommen erhöhen könnten. Weiterbildung, Kurse, Fremdsprachen, Zertifikate, Nebenjob, kleine Aufträge oder Jobwechsel sind alles Möglichkeiten, die mittel bis langfristig mehr Einnahmen generieren. Dabei kann man sich weiterentwickeln, dazulernen und verbringt die Zeit sinnvoll. Wenn man der Typ ist, kann man sich dann auch selbständig machen. Denn die mehrheit der reichen Leute wurden reich, in dem sie selbständig wurden. Nicht indem sie ihre Kosten weiter senkten. Schon gar nicht auf Kosten von Konsumverzicht.
Und zum Schluss noch ein Zitat aus Thomas’ Kommentar, das ich sehr gut finde:
“So oder so, die Tätigkeit dabei ist das wichtigste. Egal ob Frugalist oder nicht sie soll erfüllen und Spass machen.”