Corona Virus – Aktien verkaufen oder zukaufen?

Im letzten Beitrag habe ich beschrieben, wie das Corona-Virus die Wirtschaft lähmt. Die Aktienkurse sind Ende Februar nach der Meldung, dass in Italien vermehrt Corona-Fälle aufgetreten sind innert 2-3 Tagen ca. 7-8% in gefallen. Auch mein Depot ist um ca. -10% gefallen. Weil ich aber die wirtschaftlichen Folgen noch schlimmer als die Anleger einschätzte, habe ich mich am 26.02.2020 dazu entschlossen mein Depot vor weiter fallenden Kursen zu schützen. Der Swiss Market Index (SMI) lag zu diesem Zeitpunkt bei 10’540 und der Deutsche Aktien Index (DAX) bei 12’840.

Verkaufen oder Zukaufen?

Die Zukunft ist nicht vorhersehbar. Ich gebe auch keine Empfehlungen. Jeder Mensch ist anders und jeder muss für sich selber entscheiden mit welcher Entscheidung er am besten leben kann. Ich möchte nur bei der Entscheidungsfindung helfen.

Folgendes lässt sich aber definitiv behaupten. Die Märkte sind unruhig weil die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Auswirkungen zugenommen hat. Auch vor Ausbruch des Virus waren die Bewertungen der Aktien relativ hoch. Zusätzlich ist nun die Unsicherheit angestiegen. Als Anleger sollte man sich Gedanken machen, wie man in einer solchen Situation reagiert.

Im letzten Beitrag habe ich bereits beschrieben, dass man je nach Risikofreude und individuelle Situation entscheiden sollte, wie man in einer solchen Situation handelt. Jemand, der jung ist, risikofreudig und am Anfang seines Vermögensaufbaus steht und regelmässig investiert, der sollte keine Angst haben und weiterhin zukaufen und nicht unbedingt verkaufen.

Wer aber sein Depot eher nur “verwaltet” oder älter und risikoscheu ist, wer am Ende seines Vermögensaufbauprozesses steht und nicht mehr sein Depot vermehren, sondern eher erhalten möchte, der könnte sich überlegen, seine Aktien zu verkaufen. 

Wenn du 30 Jahre alt bist und regelmässig monatlich X EUR investierst und dein Geld erst mit 60 Jahren brauchst, dann sollten dich die Kurseinbrüche freuen. Möglichst hohe Aktienkurse sollen für dich erst in 30 Jahren wichtig sein. Wenn du aber bereits 50-60 bist und/ oder langsam das Geld brauchst (zB. Für Wohnungskauf) und nicht mit einer weiteren 10-20% Kurszerfall leben kannst, solltest du vielleicht einige oder alle deine Aktien verkaufen.

Es sei noch erwähnt, dass du auf lange Sicht am sichersten fährst, wenn du 20-30 Jahre lang eine konsequente Strategie hast und dich nicht von kurzfristigen Ereignissen ablenken lässt. Häufig sind Anleger von Gier oder von Angst beherrscht und treffen schlechte Entscheidungen (die erst im Nachhinein sich als schlecht erweisen). Am einfachsten umsetzbar ist, wenn du einen Sparplan verfolgst und regelmässig investierst. Die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen, obwohl wir oft meinen, dass wir wissen was logischerweise passieren muss.

Das habe ich gemacht

Mein Depot besteht aus ca. 5-10% der 3. Säule, 20% aus einem Fondsparplan und ca 60.70% aus Aktien und ETFs. Bei meinem Sparplan und 3. Säule-Strategie (mehrheitlich in Aktien), ändere ich nichts. Es wird weiter monatlich ein Betrag X investiert.  

Da in nächster Zeit finanziell privat bei uns viel ansteht bin ich im “Verwaltungsmodus” meines Depots. Ich habe auch vor der Krise kaum Aktien gesehen, die kaufenswert waren. Diejenigen, die es waren sind nun durch das Virus noch härter getroffen und der Ausblick dieser Aktien ist sehr unsicher geworden. So bei den Aktien von Swatch oder Dufry. Ende Februar hat das Virus auch die Schweiz erreicht. Ich denke, dass die Anleger damals die Auswirkungen noch unterschätzt haben. Die Bewertungen waren schon davor zu hoch , deshalb dachte ich, dass besonders die Kurse deren Aktien in denen ich investiert war, nachgeben würden. Ich habe mich am 26.02.2020 dazu entschlossen ein Teil meines Vermögens abzusichern.

Wie?

Ich habe 2 Optionen um mich vor fallenden Kursen zu schützen. Entweder verkaufe ich sofort alles und halte das Geld in Cash, dann bin ich aus dem Aktienmarkt komplett raus und warte darauf bei tieferen Kursen wieder einzusteigen. Das Problem ist, dass mein Depot aus mindestens 20 verschiedenen Werten besteht. Auch wenn ich alles verkaufen wollte, hätte mich der Verkauf aller Werte ca. 500,- Franken gekostet.

Die andere Variante sich gegen fallenden Kursen zu schützen ist, sich mit Derivaten abzusichern. Derivate gibt es 100 verschiedene. Optionen, Warrants etc. Ich habe mich für einen Mini Future Short auf den SMI entschlossen.

Was sind Mini Futures?

Mini Future sind Derivate, also Absicherungsverträge, die gehebelt sind und an der Börse gehandelt werden. Eigentlich dienen sie zur Absicherung, sie werden aber auch oft als Spekulationsinstrumente eingesetzt. Mini Futures gibt es auf Aktien, Indices, Währungen und sogar Kryptowährungen und Rohstoffen. Es ist ein Hebelprodukt, das heisst, sie sind sehr Volatil und eignen sich deshalb gut für Absicherungen und Spekulationen mit wenig Kapitaleinsatz. Es droht aber auch der komplette Verlust des eingesetzten Kapitals. Sie haben im Gegensatz zu Optionen keine Endlaufzeit.

Ich habe am 26.02.2020 solche Mini Futures auf den SMI Short gekauft. Der Hebel ist bei dem Kontrakt 1:10. Das heisst, wenn ich diese Kontrakte für 1’000,- Franken kaufe, ich an Wert von 10’000,- partizipiere. 

Ganz vereinfacht dargestellt: Der SMI ist ziemlich nah bei 10’000,-. Wenn ich für 1’000,- Franken Mini Futures Short kaufe, heisst es, dass ich an die Wertentwicklung am SMI Partizipiere. Da ich Short bin profitiere ich von fallenden Kursen und verliere bei steigenden Kursen. Das heisst, würde der SMI auf 11’000 steigen, würde ich all mein Geld verlieren. Würde der SMI auf 9’000,- fallen, würde ich 1’000,- gewinnen. Würde der SMI auf 8’000,- fallen, würde ich 2’000,- gewinnen usw.

Depot eingefroren

Es hört sich nach Spekulation an. Das wäre es auch, wäre ich nicht stark in Schweizer Aktien investiert. Ich habe aber mich abgesichert, weil wenn die Aktienkurse allgemein runtergehen, gewinne ich mit den Mini Futures im idealfall so viel, wie viel ich bei den Aktien verliere. Netto bin ich auf 0. Gehen die Kurse wieder hoch, erhöht sich der Wert meines Depots um so viel, wie viel sie bei den Mini Futures verlieren. Im idealfall. Netto bin ich ebenfalls auf 0. Das heisst, egal wie sich die Kurse entwickeln, ich bin raus.

Best-Case Szenario

Ich möchte mein Depot gegen fallenden Kursen schützen. Ich erwarte also, dass in nächster Zeit die Unsicherheit zunimmt und die Aktienkurse fallen werden. Im idealfall fallen die Kurse -20% und realisiere mein “Gewinn” aus der Absicherung. Den Gewinn investiere ich dann in schlecht gelaufenen Aktien. Dann bin ich zwar nicht gegen weiter fallenden Aktienkursen geschützt, ich habe aber den Wert meines Depots erhalten und konnte sogar meine Aktienbeteiligungen ausbauen und Aktien zukaufen von denen ich langfristig überzeugt bin.

Worst-Case Szenario

Das Worst-Case Szenario ist, dass die Kurse in der nächsten Zeit stark steigen werden (über 10%), so dass ich mit den Absicherungen das eingesetzte Kapital verliere. Danach brechen die Kurse trotzdem ein. Dann habe ich von den steigenden Kursen nicht profitiert, meine Absicherung verloren und muss zusätzlich Verluste verbuchen.

Zwischenfazit am 02.03.2020

Der SMI ist von 10’540 auf 9’950 gefallen (-5.6%). Mein Depot ist um -5.9% gefallen. Die Mini Futures haben 3% meines Kurszerfalls aufgefangen, so dass mein Depot Netto “nur” -2.9% eingebüsst hat.

Mein Problem war, dass der SMI nicht die ideale Absicherung für mein Depot ist. Ich habe zwar viele Schweizer Aktien, doch der SMI besteht zu 60% aus den 3 Titeln: Nestle, Roche und Novartis, welche nicht in meinem Depot sind. Es sind eher stabilere und Pharmawerte (nicht so volatil auf die Konjunkturnachrichten und hoffnungsvoll bei der Bekämpfung von Corona). Am 02.03 und am 03.03 hat sich der Markt beruhigt und die Kurse gingen wieder aufwärts. Ich habe mich nun dazu entschlossen auch einen Mini Future Short auf den DAX zu kaufen. Der DAX hat mehrere konjunkturanfällige Werte, die stark von der Produktion und die Entwicklungen in China abhängig sind. Ich habe auch 2-3 DAX-Werte im Portfolio, aber auch industrielle Zwischenlieferer, die von der Konjunktur in China abhängig sind. Ich bin bei ca 11’900 short gegangen. 

Was hat sich geändert?

Das Virus hat sich weiter verbreitet, Veranstaltungen in der Schweiz, Italien und nun auch in den USA wurden abgesagt. Es herrscht aber keine kopflose Panik wie vor einer Woche. Der Markt geht nun davon aus, dass die Konjunktur von den Notenbanken unterstützt und zusätzlich stimuliert werden. So kam es auch am 03.03.2020. Die US-Notenbank hat überraschend und ausserordentlich die Zinsen um 0.5% gesenkt. Weitere Notenbanken wie EZB und SNB werden wahrscheinlich folgen. Nun sind die Anleger unsicher, ob sie sich über die noch niedrigeren Zinsen freuen, oder ob sie sich über das Signal, einer schlecht laufenden Wirtschaft und ernst zu nehmender Wirtschaftslage, das die US Notenbank mit der Zinsssenkung gesetzt hat, sich Sorgen machen sollen. 

Trump ist ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Er setzt alles daran, dass er wiedergewählt wird und dazu kann er keinen Crash gebrauchen. Er muss eine gut funktionierende Wirtschaft als Grundlage für seine Wiederwahl haben.

Fazit am 04.03.2020

Ich habe mich entschlossen mein Portfolio zu schützen und mich für eine Weile rauszuhalten. Das Depot profitiert weder von steigenden, noch von fallenden Kursen. 

Der SMI steht heute, am 04.03.2020 bei 10’250 (-2.7% seit dem Short). Die Absicherung auf den SMI ist leicht im Plus. Der DAX steht aktuell bei 12’150. Die Absicherung auf den DAX steht in der Verlustzone. Gleichzeitig steht mein Portfolio immer noch in der Verlustzone mit ca -6.%. Das liegt daran, dass ich konjunkturanfällige Werte im Depot habe. Der Dollar hat sich auch noch entwertet, was mein Depot in Schweizer Franken schlechter aussehen lässt.  

Ich muss gestehen, Short zu gehen ist psychologisch nicht einfach. Ich kann mich schlecht 100%ig absichern, denn die Kursentwicklung des DAX oder des SMI ist nicht 100%ig identisch mit der Kursentwicklung meines Depots. Ich habe aber mich am 26.02.2020 dazu entschlossen, mich abzusichern und nun halte ich mich daran. Nun gilt es abzuwarten.

Update: 19.03.2020

Ich habe meine Short Positionen verkauft und das im neuen Beitrag geschrieben. Mein Portfolio hat bis dahin -20% verloren, aber die Shortpositionen haben den Wertverlust aufgefangen. Das heisst nicht, dass ich nun von steigenden Kursen ausgehe. Ich wollte nur einen sicheren kleinen Gewinn mitnehmen, als es zu versuchen den Tiefpunkt zu treffen. Das geht nämlich nicht.

Alternative Strategie gegen fallenden Kurse

Eine weitere Strategie möchte ich hier nur kurz erläutern. Die meisten kennen sie, aber vielleicht gibt es jemand, der noch nicht davon gehört hat.

Verkauf von Put-Optionen

Wenn du sowieso Aktien zu günstigeren Preisen kaufen willst, dann empfiehlt es sich Put-Optionen zu verkaufen. Put Optionen sind Shortpositionen auf Anlagen. Wenn du zB. Apple sowieso schon kaufen wolltest, aber dir der Aktienkurs von 320 zu hoch ist, dann kannst du Put-Optionen von Apple verkaufen. Dafür musst du die Aktie nicht haben. Du verkaufst eine Put Option mit der Absicht, bei einem festgelegten Preis von zB. 280,- X Anzahl Apple Aktien per festgelegtem Datum zu kaufen. Der Vorteil: Du kriegst Prämien dafür, und zwar in solchen volatilen Zeiten wie jetzt, sind die Prämien besonders hoch.

Steigt der Kurs bis zum 30.06.2020 auf 340, verfallen die Put Optionen und du kriegst nur die festgelegten Prämien (wie Dividenden, aber aus Schweizer Sicht noch besser, da Steuerfrei!), keine Aktien. Fällt der Kurs von Apple auf 280, wird die Option ausgeführt und kriegst die Prämien und bekommst die Aktien für 280. Das Risiko ist, wenn der Preis auf 279 oder noch viel tiefer auf zB. 200 fällt. Dann musst du trotzdem die Aktien für 280 kaufen. Die Prämien kriegst du so oder so. Die Prämien hängen von der Schwankung der Aktie ab. Je wahrscheinlicher es ist, dass die Aktie auf 280 fällt, desto tiefer sind die Prämien. Bei sehr schwankungsanfälligen Titeln wie Tesla oder BeyondMeat kann man sehr hohe Prämien (10-15%) einkassieren. 

Ich würde gerne selber Put-Optionen verkaufen. Es gibt aber 2 Hindernisse. Erstens kann ich bei meiner Bank keine solchen Geschäfte machen. Ich bin ja wegen meiner Anstellung verpflichtet mein Depot bei meiner Bank zu haben. Zweitens sind meistens die Kontrakte auf 100 oder 50 Kontrakte festgelegt. Dh bei einer Apple Aktie müsste ich 280*100 = 28’000,- Franken in die Finger nehmen. Theoretisch, kann ich danach wieder einen Teil, oder alle verkaufen, aber trotzdem kann ich nicht so viel Liquidität für 1 Position aufwenden. Es wäre auch sehr riskant, falls das Szenario eintreffen würde, dass der Preis auf 200 fällt.

Wenn dich dieses Thema interessiert, kann ich dir dieses Wahnsinnsblog empfehlen. Auf diesem Youtube-Kanal kannst du alles über Optionen lernen. Es wird auch alles ziemlich einfach erklärt.

Strategie fürs Zukaufen

Wenn du denkst, dass die Kurse aktuell attraktiv sind um zuzukaufen, du aber noch wegen der Unsicherheit zögerst, empfehle ich dir wie folgt vorzugehen. Setze dir einen fixen Preis für eine Aktie, bei dem du denkst, dass er kaufenswert ist. ZB. Apple. Du wolltest immer schon Apple kaufen und jetzt sind sie ca. 10% günstiger als vor ca. 1 Monat. Du könntest die Aktie verfolgen und sagen, wenn der Preis bei 270,- ist möchte ich zukaufen. Du kannst sogar schon Orders erfassen. So vermeidest du, dass dich die täglichen Nachrichten ablenken und deine Entscheidungsfindung erschweren.

Unabhängig von meinen Short Positionen habe ich schon einige Aktien im Blick und deren Wunschpreise, bei denen ich zukaufen werde. Die Aktien habe ich vorher analysiert und bin von den Unternehmen auf einer Sicht von 20-30 Jahren überzeugt.

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